Freitag, 4. Juli 2025
"Ich war noch niemals auf Hawaii" - aber auch noch nicht am Nordkap. Vielleicht klappt es ja dieses Jahr? Kurz bevor es losgehen soll, schiebe ich meine BMW GS 80 aus der Garage, um die Alukoffer anzuschrauben. Eine Spur aus Öltropfen ziert danach den Weg ins Freie. Mein erster Blick fällt auf die Stelle, an der die Bremsleitung der Vorderradbremse neben dem Faltenbalg des rechten Standrohres im vorderen Kotflügel verschwindet. Dort tropft Öl herunter. Eine defekte Bremsleitung zwei Tage vor Abfahrt wäre jetzt äußerst unangenehm. Zu allem Überfluss ist es auch noch Freitagnachmittag - ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für einen Werkstattbesuch. Da kann nur noch der Motorradspezialist Heinz Bals helfen, der schon des öfteren einen meiner Motorradurlaube durch Versenden von Ersatzteilen in "alle Welt" gerettet hat.
Vorher mache ich allerdings im Stand noch ein paar Bremsproben mit der Vorderradbremse. Als ich so auf dem Motorrad sitze, wundere ich mich, dass ich nur mit den Fußspitzen auf den Boden komme. Na ja, im Alter schrumpft man wohl ein wenig. Eigentlich funktioniert alles und auch die Gabel taucht beim Wippen entsprechend tief ein. Aber da ist das Problem. Aus den Lüftungslöchern der Faltenbälge quillt bei jedem Eintauchen der Gabel Öl heraus, läuft auf die Kante des Kotflügels und tropft auf den Boden. Also ist es Gabelöl und kein Bremsöl. Das ist auch nicht besser! Die GS 80 war kürzlich erst bei Heinz Bals zur "Erholung", inklusive dem Wechsel aller Flüssigkeiten. Kurzer Anruf beim ihm: "Muss ich mir da Gedanken machen?" "Ja, solltest Du. Komm noch her, wir schauen mal."
Ich mache mich sofort auf den Weg nach Päpinghausen. Heinz verschiebt mal wieder seinen Feierabend nach hinten und schaut sich die Gabel aus der Nähe an. Aus den besagten Löchern in den Faltenbälgen kommt inzwischen kein Öl mehr heraus. Heinz löst die Schellen der Bälge, um sich die Simmeringe der Gabel anzuschauen. Sieht eigentlich o.k. aus. Auch beim kräftigen Einfedern der Gabel bleibt alles trocken. "Vielleicht war ein Fingerhut zu viel Öl in der Gabel. Beim Ablassen bekommt man manchmal nicht das komplette alte Öl heraus. Dann baut sich ein Druck auf und der sucht sich seinen Weg nach draußen", meint Heinz. Ich bin erst mal beruhigt, bekomme vorsichtshalber noch neue Simmeringe und einen Viertel Liter Gabelöl für unterwegs mit und verabschiede mich mal wieder mit einem großen Dankeschön. So haben wenigstens die neuen Reifen schon mal die ersten Kilometer hinter sich gebracht.
Samstag, 5. Juli 2025
Am Samstag startet Connys Flieger von Düsseldorf aus nach Teneriffa. Leider kann man sich auf die Bundesbahn nicht hundertprozentig verlassen. Also bringe ich sie vorsichtshalber mit dem Auto zum Flughafen. Auf dem Weg nach Hause sucht sich das Navi mal wieder einen anderen Weg, als bei der Hinfahrt. Ich freue mich schon über eine entspannte Fahrt ohne die Staus, die wir auf dem Hinweg auf der Gegenfahrbahn gesehen haben. Als dann aber der Wechsel auf die Autobahn in Richtung Münster ansteht, ist plötzlich diese Richtung komplett gesperrt. Letztendlich lande ich auf der Autobahn 2 in Richtung Hannover, fahre in Rheda Wiedenbrück ab und über Gütersloh nach Hause. Jetzt schnell noch im Garten ein paar Blaubeeren pflücken, dann wird es aber Zeit, die Motorrad-Packtaschen zu füllen.
Sonntag, 6. Juli 2025
Sonntagmorgen klingelt der Wecker um 6 Uhr. Die Packtaschen sind gut gefüllt - u.a. sind auch ein Lichtmaschinenanker, ein Anlassermotor, Ersatzschläuche, Bowdenzüge, Reifenspray … und natürlich eine Rolle Tape mit dabei. Die zweite Packtasche nimmt den Koffer mit den täglichen Sachen, Waschzeug und Wechselwäsche auf. Im Tankrucksack ist die Elektronik wie Fotoapparat, Actioncam, Ladekabel usw. untergebracht. Im Packsack stecken Unterlegmatte, Schlafsack, Ersatzwäsche und -handschuhe, Regenkombi, Schuhe, Duschlatschen, Goldwaschpfanne usw. Das genaue Gesamtgewicht möchte ich gar nicht wissen. Jedenfalls komme ich jetzt mit den Füßen wieder viel besser auf den Boden, wenn ich auf dem vollbeladenen Motorrad sitze.
Für Hamburg sind an diesem Wochenende mehrere Veranstaltungen mit jeweils über 100.000 Zuschauern angesagt. Zudem ist der Elbtunnel gesperrt - das könnte voll werden auf den Autobahnen rund um Hamburg.
Eine halbe Stunde später stehe ich bei Michael vor der Tür. Wir starten von ihm aus in Richtung Hannover, haben aber geplant, Hamburg weiträumig zu umfahren. Ab Soltau-Ost geht es über die 209 in Richtung Lüneburg, dann weiter nach Lauenburg, um über die Elbe zu kommen und steuern dann die Auffahrt der A1 Barkteheide an. Wir kommen tatsächlich ohne Stillstand durch.
Kurz vor der Fehmarnsundbrücke werden die Tanks noch einmal mit "günstigem" Benzin gefüllt. In Dänemark ist der gute Saft auf jeden Fall teurer als in Deutschland (Super bleifrei 1,93 Euro).
Die Schlange vor dem Kassenhäuschen an der Fähre nach Rodby ist überschaubar. Es geht zügig voran. 85 Euro pro Motorrad mit Fahrer wechseln digital den Besitzer. Erst hatte ich noch vorgehabt, in der Wartespur die Actionkamera ans Motorrad zu montieren, um die Einfahrt auf die Fähre zu filmen. Doch als wir an unserer eigentlichen Warteposition ankommen, werden wir auch schon weitergewunken. Die letzten Autos verlassen gerade die Fähre und wir können sofort hineinfahren.
Das Anbinden der Motorräder mit den bereitgestellten Spanngurten ist immer wieder ein Glücksspiel. Entweder man steht zu weit von der Wand entfernt oder der Gurt ist zu kurz. Da kein Seegang spürbar ist, wird die provisorische Sicherung wohl halten.
Im Bordrestaurant machen wir es uns auf zwei Sesseln gegenüber der Burgerbude gemütlich und beobachten das muntere Treiben der hungrigen Seefahrer. Kurz vor Ankunft im Hafen von Dänemark gibt es noch eine Durchsage, dass die Fähre mit etwas Verspätung anlegen wird. Es hört sich aus dem krächzenden Lautsprecher fast an wie: "... wegen einem Eisberg ...".
Die angekündigte eventuelle Passkontrolle bei der Ausfahrt aus dem Hafengelände findet nicht statt. Es stehen allerdings Grenzbeamte mit wohl geschultem Blick neben der Fahrbahn und beobachten die hinausfahrende Fahrzeugschlange.
Wir sind schnell wieder auf der Autobahn - immer noch bei bestem Wetter. Auf einem Rastplatz machen wir Halt, um die zuhause geschmierten Butterbrote zu verzehren. Vorher hatten wir uns dazu beim Tanken schon mit Kakao eingedeckt. In kleinen, von Hecken abgetrennten sauberen Buchten, machen wir es uns auf der Bank-Tisch-Kombination gemütlich.
Das schöne Wetter hält sich bis ca. 20 Kilometer vor Kopenhagen. Jetzt zieht eine schwarze Wand vor uns auf, die nichts Gutes vermuten lässt, zumal in der Ferne bereits Niederschlagsfahnen bis auf den Horizont reichen. Zunächst schwenkt die Autobahn nach links - oh toll, dann fahren wir links am Regen vorbei. Dann dreht sie nach rechts - auch gut, dann eben rechts vorbei. Von wegen - als wir direkt auf den Schauer zufahren, nützt es nichts mehr. Schnell die nächste Ausfahrt raus und auf dem Seitenstreifen den Regenkombi überstreifen.
Als wir auf dem Campingplatz "Copenhagen Camping" südlich von Kopenhagen ankommen, ist der Spuk schon wieder vorbei. Für die erste Übernachtung hatte ich per Internet hier eine Transithütte für 705 DKK (Wechselkurs 0,13 = 94 Euro) gebucht. An der Rezeption bekommen wir Magnetkarten, auf denen schon mal pauschal 100 Dänenkronen gespeichert sind. Dusche und Stromverbrauch werden so beim Auschecken davon abgezogen. Als Besonderheit bietet die Hütte in einem kleinen Nebenraum eine eigene Toilette und eine Waschgelegenheit.
In einem Supermarkt in der Nähe bekommen wir alles, was für ein leckeres Abendbrot nötig ist. Der Platz selber hat kein Geschäft oder Restaurant zu bieten. Dafür aber eine andere Kuriosität: verschiedene Hauskaninchen hoppeln über den Platz und setzen oder legen sich bei dem immer wieder einsetzenden Regen auch mal unter ein Wohnmobil, aber dann liegt plötzlich eines unter Michaels BMW und mümmelt genüsslich an einem trockenen Blatt.
Da wir am nächsten Tag nicht zwingend wieder Autobahn fahren möchten, planen wir noch eine Strecke neben der selben. Mal sehen, wie viele Ortsdurchfahrten so zu durchfahren sind. Als erstes steht laut Plan die Überquerung des Flughafengeländes an, der sich ganz in der Nähe befindet.
Tagesetappe: 617 km